Die Theorie - Gedanken zum Abi

Am Ende meiner Tage (als Schüler dieses Gymnasiums) lasse ich die Zeit noch einmal Revue passieren, die ich in dieser Anstalt verbringen durfte. Dabei stellen sich mir einige Fragen, deren Beantwortung schwer fällt, denn sie gehören zu der Kategorie, in die alle Phänomene abgeschoben werden, die niemand erklären kann, will oder darf. Die meisten werden als göttlicher Wille oder Strafe erklärt. Doch spätestens seit den beeindruckenden naturwissenschaftlichen Dokumentationsserien wie Akte X, Outer Limits und Psi Faktor weiß die Menschheit mehr: Hauptursache für vieles sind Außerirdische, geheime Regierungsorganisa- tionen und -experimente oder beides zusammen.
Zunächst möchte ich aber darauf hinweisen, daß die folgenden Zeilen nichts für schwache Nerven, Phobiker aller Art, unverbesserliche Optimisten und strenge Anhänger der aussterbenden, auf alten Mythen aufbauenden Sekte der Christen sind, da Einsturzgefahr des persönlichen Weltbildes besteht. Jeder Weiterlesende verpflichte sich, nichts des Folgenden publik werden zu lassen, da eine ausbrechende Panik nicht auszuschließen ist. Aufgrund der Brisanz ist ein sicheres Fortleben im gewohnten Rahmen nicht zu gewährleisten.
Es lassen sich alle Paradoxa dieser Schule mit der Feststellung -„Es gibt Dinge, die gibt es gar nicht !“- treffend umschreiben.
Da ist beispielsweise die „Eigentlich-nicht- Sitzgrube“, welche als eine frühe Gewöhnung an die Leugnung oder Akzeptanz des bekannten Unbekannten für zukünftige Wähler und Arbeiter - also insgesamt zukünftige Regierte - gedacht sein könnte. Vielleicht ist es aber vielmehr eine gut getarnte Forschungsmaterialbeschaffungsfalle einer zur Okkupation bereiten, außerirdischen, feindlichen Intelligenz. Oder hat jemand eine Ahnung, wieviele Sextaner bei dem Versuch, ein unter die „Bühne“ geratenes Spielzeug oder Kleidungsstück hervorzuholen, spurlos verschwunden sind. (Es ist doch kein Zufall, daß die Schülerzahl in den höheren Klassenstufen abnimmt !).
Ein weiteres Beispiel für die intensive Arbeit aus geheimen Regierungskreisen bildet das sogenannte „Schwammproblem“! Immer wieder beteuerte Herr Oumar: „Jeder Raum hat seinen Schwamm !“ Der Schüler akzeptiert erneut Ungereimtheiten. Er wird zur Realitätsverleugnung erzogen, da er bereits zum Schuljahresbeginn Gegenteiliges feststellen konnte. Vielleicht handelt es sich um Sicherheitsmaßnahmen gegen die von Klimaforschern prophezeite Überschwemmung Schleswig-Holsteins oder um eine Zusammenrottung der kleinen Schwämme zu einem Megaschwamm, der zu erst die Schule und morgen die ganze Welt wegwischen soll.
Einschüchternd ist auch der wieder von Herrn Oumar geleugnete Umstand des Stuhl- oder Hockermangels bei den Garderoben. Wer hier seine Aufgaben erledigen möchte, wird unmerklich gezwungen, mit Mülleimern oder manchmal mit dem Tisch selbst als Sitzgelegenheit vorlieb zu nehmen. - Ein Psychotrick: Demütigung und Verletzung der Menschenwürde.
Das Nichtvorhandensein oder Verschwinden von Schwämmen, Stühlen und sogar Tischen ließ mich erschaudern, da ich es als Vorstufe des langsamen Verschwindens der gesamten Schule mit Mann und Maus bzw. Lehrern und (viel schlimmer) Schülern erkannte.
Das Phänomen der kollektiven Akzeptanz des nichtvorhandenen Vorhandenen erscheint auch auf dem Schulvorplatz. Die Behauptung des Direktoriums „Dies ist eine rauchfreie Schule“ ist schon das erste Anzeichen für den Erfolg der unterschwelligen „Gehirnmanipulation“. Auch der Spaß der Lehrerschaft läßt sich kaum verbergen, wenn wieder einmal eine mißmutig schnaufende Schülerherde 5 Meter nach rechts dirigiert wird.
Ebenso reduzierte sich über die Jahre die Auswahl der SV-Teams, die genau über die gefährlichen Vorgänge an dieser Schule Bescheid wußten und dies öffentlich werden ließen. Während ich mich noch an Zeiten erinnere, in denen man aus mindestens drei Teams wählen konnte, erübrigt sich heute jede Wahl. Ein weiterer Schritt in der Erziehung zur Unterordnung und Duldung einer oktroyierten Vertretung ohne irgendeinen nennenswerten Widerstand ist getan.
Auch Klemaschewski und Reddig dürfen hier nicht unbedacht bleiben. Sie sind nicht die hilfsbereiten, engagierten Mitschüler, für die sie allgemein gehalten werden. Vielmehr zeigen die beiden beachtliche Leistungen vor allem an der technischen Ausstattung dieser Schule. Gehören sie zu der großen Verschwörung? Sind sie genial konstruierte Androiden der Regierung ? Die häufige Beorderung ins Geschäftszimmer unter-mauert diese These:
Hier werden ihre Akkus aufgeladen und der derzeitige Bericht über die Stimmung in der Schülerschaft abgerufen.
Oder die beiden sind gar Mitglieder der außerirdischen Intelligenz, die unsere Schule als Kommandozentrale ausersehen hat und sie nun mit Technologien infiltriert, damit die Übernahme der Welt vollzogen werden kann.
Ein weiterer Beweis kann auch die Cafeteria sein: Während mancher diese Einrichtung leichtfertig loben mag, möchte ich zu bedenken geben, daß ein so vielfältiges Angebot für so viele Schüler mit herkömmlichen Methoden von nur einem Menschen eigentlich nicht täglich vollbracht werden kann. Frau Hebel muß ihre Cafeteria also mit außerirdischer Replikationstechnologie ausgestattet haben. Physiker und Star Trek-Fans werden hier auch die Quelle des oft beklagten hohen Energieverbrauchs dieser Schule erkennen (E=mc²).
Auch die Bauweise des Neubaus stimmt nachdenklich. Viel zu kleine Klassenräume und fehlende Projektionsmöglichkeiten weisen auf eine menschenfremde Zukunft hin.
Die Lösung, die Antwort auf alles, ist die Dahlmannschule. Hier verbinden sich alle Fäden:
Dort läuft vermutlich ein Genprogramm zur Züchtung einer neuen Elite. Oder es ist ein perfektes Holoprogramm zur Abschreckung und Hörigmachung der Schülerschaft unserer Schule, das die Lobpreisung der eigenen Lehrer als Ziel hat.
Sind jedoch außerirdische Machenschaften Ursache für diese Zustände, muß die Dahl-mannschule eine Art Hauptsitz für eine weitere außerirdische Rasse sein. Unsere und die Rasse der Dahlmannschule liegen in einem Jahrtausende währenden Kampf. Die beiden „Schulen“ werden für eine weitere Phase der außerirdischen Kräftemessung genutzt. Den „Schülern“ beider Seiten werden unter-schwellig Aversionen gegeneinander beigebracht, um als zukünftige Soldaten zu fungieren, was das Leben der Außerirdischen schonen soll.
Das Abitur in Bad Segeberg hat somit den Zweck, gelernte Untertanen und angehende Veteranen eines bevorstehenden interstellaren Krieges zu züchten.

All das ist für uns Grund genug, eine Riesenparty am Ende zu feiern, denn niemand weiß, wie lange es noch geht.
J. Haempfling




zurück zum Inhaltsverzeichnis